Als ich das erste Mal durch den Schlossgarten Hohenzieritz spaziert bin, dachte ich sofort, weiter vorne auf dem Weg müsse die große Lady der romantischen englischen Literatur lustwandeln. Denn irgendwie sieht alles wie die Kulisse der Romane von Jane Austen aus. Jede Verfilmung ihrer Werke könnte hier gedreht werden. So setzte ich mich beim zweiten Besuch auf die Bank neben dem Luisentempel, der an den Tod der preußischen Königin im Schloss Hohenzieritz erinnert, und las die Worte von Miss Fanny Price. Diese Heldin aus Austens Roman „Mansfield Park“ meint nämlich: „An einem schönen Tag im Schatten sitzen und ins Grüne schauen, ist die wunderbarste Erfrischung“. Kaum verwunderlich, dass auch Königin Luise so gerne im mecklenburgischen Hohenzieritz verweilte und hier ihren Lieblingsplatz fand.
Wenn sich die fast gleichalten Zeitgenossinnen begegnet wären, hätten sie sicher in angeregter Konversation die reizenden An- und Ausblicke im Garten genossen. So stelle ich sie mir in weißen, fließenden Musselinkleidern mit weitkrempigen Strohhüten und eleganten Sonnenschirmen vor. Ganz wie auf den Gemälden der schönen Königin oder in den Romanen der Autorin, die sich selbst als „geradezu hoffnungslose Spaziergängerin“ bezeichnete.
Den englischen Stil führte Luises Vater ins Mecklenburgische ein, nachdem er seine Schwester, die englische Königin besucht und ihre Gärten gesehen hatte. Für den Garten seines Sommerschlosses engagierte er einen Gestalter aus dem Umkreis des berühmten englischen Landschaftsarchitekten Lancelot „Capability“ Brown. Mit seinen sanften Linien, schlängelnden Wegen, dem „Belt“, einer mit Bäumen und Sträuchern bepflanzten Umfassung, und natürlich dem „Aha“, der versenkten Mauer, wurde es der erste norddeutsche Landschaftsgarten nach englischem Vorbild.
Vielleicht wäre der Schlossgarten längst verschwunden oder überformt worden, hätte sich nicht in jenem heißen Sommer 1810 Luise unwohl gefühlt, ausruhen wollen und wäre unerwartet 34-jährig am 19. Juli verstorben. Das Geheimnis um die anonyme Autorschaft der englischen Pfarrerstochter wurde drei Jahre später gelüftet. Den riesigen Erfolg ihrer witzigen und unterhaltsamen Liebesgeschichten sollte die Autorin jedoch nicht mehr erleben. Fast auf den Tag genau verstarb die Einundvierzigjährige sieben Jahre nach der Königin am 18. Juli 1817 in Winchester, wo sie in der Kathedrale beigesetzt wurde. So jährt sich ihr Todestag morgen zum 200. Mal.
Siehe dazu vorab: https://asw-verlage.de/katalog/mancherlei_gedanken_ueber_die_art_und_weise__gaerten_anzulegen__1805_1808____das_gartenbuch_der_fuerstin_izabela_czartoryska-1950.html
Pünktlich zum 100. Jahrestag der wieder gewonnenen Eigenstaatlichkeit Polens erscheint das Gartenbuch der polnischen Fürstin Izabella Czartoryska “Myśli różne o sposobie zakładania
ogrodów (1808)” erstmalig in deutscher Übersetzung unter dem Titel:
Mancherlei Gedanken
über die Art und Weise,
Gärten anzulegen, im März 2018 im VDG Verlag Weimar