Wenn den Engländern auch ein gewisser Pragmatismus nachgesagt wird, so halten sie an Traditionen und liebgewonnenen Bräuchen fest. Kaum eine Zeit im Jahr wird so hochgeschätzt und ist so von Traditionen begleitet, wie die Zeit des Weihnachtsfestes. In Vergangenheit und Gegenwart war es insbesondere die königliche Familie, die die Weihnachtszeit mit ihren Feierlichkeiten in einem würdigen Rahmen beging. Dass die königliche Familie damit für viele Menschen eine Vorbildwirkung entfaltet hat, die bis in unsere Tage wirkt, beweist etwa das vorliegende Buch „A Royal Christmas“ von Louise Colling
Die Autorin Louise Colling hat sich detailliert mit den Traditionen des festlichen und jahreszeitlichen Ablaufes beschäftigt. Kurzweilig und informativ beschreibt sie auf 144 Seiten, wie das Fest einst und jetzt begangen wurde. Dabei blickt sie weit in die Vergangenheit zurück, analysiert überlieferte Dokumente und zaubert bisher nicht veröffentlichte Fotografien hervor. Sie hat ihre Betrachtungen in sieben Kapitel geordnet: „Feierlichkeiten & Traditionen“; „Christbäume“; „Die Zeit der Geschenke“; „Festliches Speisen“; „Aufführungen, Pantos & Festtagsunterhaltung“; „Schneesport & Wintervergnügen“ sowie „Die Weihnachtsansprache“.
Indem die Autorin, die beim Royal Collection Trust als Kuratorin für Gemälde arbeitet, historische Quellen, wie Tagebücher, Erinnerungen und Briefe zu Rate zieht, gelingt es ihr, manch vermeintlich gesicherte historische Fakten näher zu beleuchten. Schließlich dachte alle Welt bisher, dass der Ehemann von Königin Victoria, Prinzgemahl Albert, zum ersten Mal im Palast – und damit auf den britischen Inseln – eine festlich geschmückte Tanne zum Weihnachtsfest im Kreise seiner Lieben erstrahlen ließ. In der Tat feierte die königliche Familie nachweislich schon im späten 18. Jahrhundert mit einem Christbaum. Denn es war die aus Mecklenburg stammende Prinzessin Sophie Charlotte, seit 1761 mit König Georg III. verheiratet und Namensgeberin für die exotische Strelitzie, die den Brauch in Großbritannien eingeführt hat.
Auf sehr einfühlsame Art berichtet die Autorin auch von den besonderen Wünschen und Überlegungen, die etwa Königin Victoria zum Fest bewegt haben, schaut auf das Festtagsmenü der verschiedenen königlichen Generationen und präsentiert manches Detail aus dem Leben von Königin Elisabeth II. Ihre Texte sind liebevoll und reichhaltig mit über 100 Abbildungen illustriert, die von historischen Zeichnungen bis hin zu Fotografien aus den Alben der Königsfamilie stammen. Allein in dem kleinen Band zu blättern, bereitet ein so großes Vergnügen, sodass sich die Augen und der Geist an eleganten Goldverzierungen und qualitätsvollen Abdrucken historischer Karten und Gemälde erfreuen können.
Zweifellos ist dieses kenntnisreich geschriebene ebenso wie herrlich gestaltete Buch für alle Fans des Königshauses ein „Must-Have“! Zugleich ist es ein wundervoller Bildband, der einen unverzüglich in eine wohlig vom Knistern des Kaminfeuers begleitete Welt der weihnachtlichen Genüsse und Vergnügungen führt. Dieser herrliche Prachtband wird auch für all diejenigen, die sich für englische Geschichte interessieren, ein Lektüregenuss sein. Die liebevolle Gestaltung macht es zu einem Klassiker. Darüber hinaus ist dieses Buch eine Kulturgeschichte der weihnachtlichen Traditionen, die im Inselkönigreich seit langer Zeit gepflegt und weitergegeben wurden. Hinreißend und klug!
Louise Cooling
Beate Warcholik (Übers.)
A Royal Christmas
144 Seiten, 20 x 20 cm
Halbleinen, farbig illustriert
Gerstenberg Verlag
ISBN 978-3-8369-2157-2