Die Landschaft Mecklenburg-Vorpommerns ist mit einer zurückhaltenden Schönheit vergleichbar, die still und bezaubernd die Blicke auf sich zieht, ohne sich zu zieren und Aufmerksamkeit zu erhaschen. Hoher Himmel, weite offene Felder und immer wieder im Licht silbern glänzende Seen, die sich wie Perlen an einer Schnur aneinanderreihen. Mehr als tausend sollen es sein. Unter dem Frühlingshimmel strahlen sie wie Augen inmitten der Wiesen und Felder, die von zurückkehrenden oder durchziehenden Vögeln bevölkert werden. Sie finden hier Brut- und Rastplätze. Die größten unter ihnen sind die Kraniche, die, aufgeschreckt durch ein Geräusch, imposant in die Höhe steigen. Ebenso leben Seeadler, Wildgänse, Störche, Eisvögel oder Kiebitze hier.
Die zahlreichen Seen und die hügeligen, bisweilen wie riesige Wellen anzuschauenden Endmoränen durchziehen das Land von Nordwesten nach Südosten. Entstanden sind sie während der Weichsel-Kaltzeit durch die aus Skandinavien kommenden Eismassen. Mächtige, bis zu eintausend Meter oder noch höher aufragende Gletscher schoben sich wie eine Raupe über die Landmasse, drückten tief hinein in den Boden, beschwerten mit ihrem Gewicht große Teile Nordeuropas. Mit steigenden Temperaturen begann das Eis zu schmelzen und suchte sich in Urstromtälern einen Abfluss, sammelte sich in Becken. Die durch die Gletscher zermahlenen Gesteinsmassen und Geschiebemergel, abgerundet und rissig, lösten sich aus dem Eis. Sich ablagernde Sande, Tone und Kiese sowie ganze Granitbrocken, deren größte Exemplare Findlinge genannt werden, dienten den Menschen später als Baumaterial für prähistorische Grabanlagen, mittelalterliche Kirchen, für die Herstellung von Keramik, Ziegeln und im Hausbau.
Noch heute ist manches Gehöft mit großen Granitsteinen eingerahmt. Selbst die Auffahrten der vor wenigen Jahren gebauten Autobahn A 20 zieren Findlinge. Runde, meist von Schilf und Sträuchern, manchmal von Bäumen gerahmte und mit Regenwasser gefüllte Gewässer auf den Feldern, im Durchmesser bis zu dreißig Meter umfassend, sind ein weiteres Überbleibsel dieses Gestaltungsprozesses. Es sind Toteislöcher, ein bis vier Meter tief und von alters her Sol resp. Sölle genannt. Das Wort entstammt dem Slawischen sal, das einen Fischteich bezeichnete. Den Vorfahren dienten sie als Wasservorrat, Viehtränke oder Löschwasserreservoir, bis sie der Intensivierung in der Landwirtschaft im Wege waren. Noch soll es etwa 35 000 Sölle geben: kleine Biotope für Pflanzen, Kleintiere, Insekten im wogenden Meer des Getreides und der schier unendlichen Rapsfelder.