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Buchtipp: Fantastische Frauen. Surreale Welten von Meret Oppenheim bis Frida Kahlo

Wer könnte auf Anhieb zwei, drei Namen von Künstlerinnen des Surrealismus nennen? Selbst die inzwischen weltbekannte Frida Kahlo war nach ihrem frühen Tod 1954 lange vergessen bis ein Buch und ein Film ihre Kunst und ihre Persönlichkeit wiederentdeckten. Weit mehr Künstlerinnen als dem Publikum bekannt sein dürften, waren zwischen 1930 bis in die 1960er Jahre im Surrealismus künstlerisch aktiv und – nicht wie es oft den Anschein hat – allein als Muse, Modell, Objekt oder Partnerin eines surrealistischen Künstlers präsent. Waren Frauen also nicht allein Traumwesen, fragmentarisch, schemenhaft, teuflisch oder verführerisch? War der weibliche Körper mehr als das beliebteste Objekt der surrealistischen Kunst?

Zum ersten Mal werden in einer Ausstellung der Schirn Kunsthalle Frankfurt unter dem Titel „Fantastische Frauen. Surreale Welten von Meret Oppenheim bis Frida Kahlo“ 36 bekannte und ebenso unbekannte Künstlerinnen mit rund 260 Arbeiten versammelt. Temporär ist die Kunsthalle zwar geschlossen, aber in einer spannenden Video-Tour durch die Ausstellung erhalten Sie einen ersten Eindruck von den Werken. Die hier gezeigten Künstlerinnen waren ganz direkt mit der klassischen surrealistischen Bewegung verbunden, wie sie Anfang der 1920er Jahre um einen explizit männlichen Kreis, etwa mit André Breton, dem geistigen Kopf der Bewegung, Louis Aragon, Paul Éluard oder Max Ernst und Salvador Dali entstand. Manche der hier gezeigten Frauen waren mit Breton persönlich bekannt oder stellten ihre Werke zusammen mit der genannten Gruppe aus.

Diese umfassende Präsentation korrigiert ein in der Öffentlichkeit bisher vielfach vorherrschendes Bild, dass der Surrealismus eine von männlichen Künstlern geprägte Ausdrucksform war, die sich als eine Reaktion auf die angesichts des Ersten Weltkrieges als gescheitert geltende Gesellschafts- und Lebensordnung herausgebildet hatte. Während einigen Künstlerinnen bereits Einzelausstellungen oder Gruppenausstellungen gewidmet wurden, ist nun zum ersten Mal eine so große Anzahl von internationalen Künstlerinnen des Surrealismus zu erleben, die unter einander durch Freundschaften und Netzwerke verbunden waren. Zugleich lassen sich durch direkte Vergleiche Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer Arbeiten wahrnehmen und ihr Einfluss auf die Formensprache des Surrealismus nachvollziehen.

Ziel der Ausstellung und des parallel dazu herausgegebenen Katalogs ist es, Neuland zu entdecken (S. 18), indem Biografien und Werke präsentiert, dargeboten und diskutiert werden, die den Blick auf diese spannende, vielleicht spannendste Kunstform des 20. Jahrhunderts schärfen und ebenso die Ambivalenz im Verhältnis der Surrealisten zu Frauen aufzeigen. Wenn es im Moment auch nicht möglich ist, die Kunstwerke dieser Surrealistinnen im eigenen Anschein zu erleben, bietet der Katalog nicht allein einen Vorgeschmack, sondern wird sich für alle Kunstinteressierten als ein wahres Handbuch zur Kunst des Surrealismus etablieren können. Es zeigt, wie Frauen als künstlerische Persönlichkeiten die Gedanken- und Bilderwelt dieser Kunstbewegung entscheidend mitgeprägt haben.

Künstlerinnenliste:

EILEEN AGAR | LOLA ÁLVAREZ BRAVO | RACHEL BAES | LOUISE BOURGEOIS | EMMY BRIDGWATER | CLAUDE CAHUN | LEONORA CARRINGTON | ITHELL COLQUHOUN | MAYA DEREN | GERMAINE DULAC | NUSCH ÉLUARD | LEONOR FINI | JANE GRAVEROL | VALENTINE HUGO | FRIDA KAHLO | RITA KERNNLARSEN | GRETA KNUTSON | JACQUELINE LAMBA | SHEILA LEGGE | DORA MAAR | EMILA MEDKOVÁ | LEE MILLER | SUZANNE MUZARD | MERET OPPENHEIM | VALENTINE PENROSE | ALICE RAHON | EDITH RIMMINGTON | KAY SAGE | SOPHIE TAEUBER-ARP | JEANNETTE TANGUY | DOROTHEA TANNING | ELSA THORESEN | BRIDGET TICHENOR | TOYEN | REMEDIOS VARO | UNICA ZÜRN

Fantastische Frauen
Surreale Welten von Meret Oppenheim bis Frida Kahlo
Hg. Ingrid Pfeiffer
Beiträge von P. Allmer, T. Arcq, H. Eipeldauer, A. Görgen-Lammers, K. Hille, S. Levy, A. Mahon, C. Meyer-Thoss, L. Neve, I. Pfeiffer, G. Weisz
420 Seiten, 350 Abbildungen in Farbe
ISBN: 978-3-7774-3413-1
Hirmer Verlag München

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