Was könnte einen mehr erfreuen als Blumen? Derzeit präsentiert das Museum Ostwall im Dortmunder U eine Ausstellung unter dem Titel FLOWERS! Blumen in der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts, die noch bis zum 25.09.2022 zu sehen ist. Parallel erschien im Hirmer Verlag der gleichnamige Ausstellungskatalog in Deutsch und Englisch.
Um es vorab zu sagen: mit großartigen Abbildungen der Kunstwerke in strahlender Farbigkeit, in beeindruckender Vielfalt und mit Textbeiträgen, in denen sich die Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen Perspektiven einem Motiv in der Kunst nähern, das – überraschend oder erwartet – spannend, anregend, faszinierend war und ist: Blumen.
Dabei stehen die Blumen in Medien, wie Malerei, Fotografie, Video und Installation im Mittelpunkt der Betrachtung. Anhand von 180 Werken von fast 50 Künstlerinnen und Künstlern aus der Zeit der Klassischen Moderne bis zur Gegenwartskunst lässt sich die florale Ausdruckskraft in der Aneignung der Medien studieren und genießen. Wobei erst im Rückblick auf die Kunst von Mittelalter, Renaissance, Barock und Rokoko das mannigfaltige Inspirationspotential der Blumen fassbar wird. Ein wichtiger Aspekt der Präsentation ist es, „den Blick des Publikums für das Sujet zu schärfen und auf dessen kritisches Potential hinzuweisen“ (S. 10).
Dass das ästhetisch Anziehende sich immer wieder über Moden und Techniken hinweg als künstlerisch belebend und anregend erwiesen hat, ergibt konsequenter Weise einen Fokus auf den Wandel im Verständnis zu legen. Abgeleitet daraus, führen die medialen Kunstwege ebenso wie die interpretierenden Betrachtungen zum Verhältnis der Menschen zu Pflanzen, insbesondere zu Blumen. Welches Verhältnis hat die Kunst zum Motiv der Blume, die als Inbegriff der Schönheit gilt, fragt das Kuratorenteam – und eröffnet damit eine Diskussion mit vielen Stimmen, Traditionen, Bezugspunkten.
Wie veränderten sich die Darstellungen vor dem Hintergrund religiöser Symbolik, naturwissenschaftlicher Forschung und illusionistischer Präzession hin zur Betonung von Form, Farbe, Fläche? Wie wandelt sich die Verbildlichung der Vergänglichkeit? Wie verbinden sich Bildwelten über mediale Vervielfachungen in der Konsumwelt des Kapitalismus hinweg? Wie verhalten sich Alltäglichkeit und Schönheit als künstlerischer Ausdruck hinsichtlich der Darstellung von Blumen?
Konzeptionell wie in der Auswahl der Kunstwerke und Betrachtungsebenen zeigt sich in der Herangehensweise und insbesondere in der Gestaltung des Ausstellungsbandes, dass das Thema Blumen, so alltäglich es manchem auch erscheinen mag, das Verhältnis Mensch und Welt auf unerschöpfliche Weise befragen lässt. Rosen, Nelken, Sonnenblumen – sie haben eine Qualität in sich, die das menschliche Schöpfungspotential beflügelt und ein kritisches Umweltbewusstsein befördert, wie dieser Blick auf die Kunst im 20. und 21. Jahrhundert beweist.
Künstler*innen:
Anita Albus | Max Beckmann | Renate Bertlmann | Joseph Beuys | Felix Dobbert | Quynh Dong | Max Ernst | Hans-Peter Feldmann | Fischli/Weiss | Hannah Höch | David Hockney | Alexej von Jawlensky | Judith Kaminski | Peco Kawashima | Ernst Ludwig Kirchner | Robert Mapplethorpe | Ana Mendieta | Claire Morgan | Gabriele Münter | Heinrich Nauen | Emil Nolde | Meret Oppenheim | Régis Perray | Otto Piene | Odilon Redon | Gerhard Richter | Pipilotti Rist | Christian Rohlfs | Dieter Roth | Ulrike Rosenbach | Martha Rosler | Hito Steyerl | Anaïs Tondeur | Timm Ulrichs | Suzanne Valadon | Andy Warhol | Annette Wehrmann u. a.
FLOWERS! Blumen in der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts
Hg. Regina Selter, Stefanie Weißhorn-Ponert
Beiträge von S. Mühlhofer, R. von Rönne, Regina Selter, Stefanie Weißhorn-Ponert, B. Welzel, K. Wettengl
Text: Deutsch / Englisch
272 Seiten, 160 Abbildungen in Farbe
ISBN: 978-3-7774-3959-4