„Es lehrt einen etwas, lange und intensiv in eine Rosenblüte zu blicken“, meinte einst Vita Sackville-West. Ohne Zweifel, sie kannte sich aus, blühten doch zu ihrer Lebenszeit in ihrem geliebten Garten von Sissinghurst Castle unzählige Rosen – und verführten mit Duft und Schönheit die Sinne der Menschen.
Die Beschäftigung mit Rosen lehrt einen so vieles über Menschen und ihre Vorstellungen von Schönheit, Kultur, Lebensart und Genuss, aber erzählt auch von Kriegen, Zerstörungen und Not. Entzückend, bezaubernd, hinreißend – wie anders ließe sich eine Rose beschreiben! Rosen wurden wie kaum eine andere Blume seit Urzeiten geliebt, bewundert, verehrt, besungen, gepriesen… Seit dem Altertum werden Rosen in Gärten kultiviert. Griechen und Römer brachten von ihren Feldzügen Kultursorten der Rosen, wie etwa die Damaszenerrose, aus dem Vorderen Orient mit nach Europa. Sie nutzten die stark duftenden Blüten zur Gewinnung von kostbarem Rosenöl und pflanzten die ersten Ziergärten an.
Die Autoren Peter E. Kukielski und Charles Phillips folgen in ihrem neuen Buch „Rosen. Die Geschichte der Rose“, übersetzt von Anke Wagner-Wolff, den Spuren dieser Pflanze, die wie wohl kaum andere, menschliche Kulturen begleitet, versinnbildlicht und verbunden hat. Dabei nähern sich beide Autoren in botanischer wie kulturhistorischer Weise ihrem Themengegenstand, sodass in informativer und bereichernder Art eine große Bandbreite an Wissen transportiert wird. Schließlich ist Peter E. Kukielski ein mehrfach ausgezeichneter amerikanischer Rosenzüchter und Gartengestalter und hat Charles Phillips eine große Anzahl von Sachbüchern mit Schwerpunkt Antike und Mittelalter veröffentlicht.
Die Autoren haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Rose ganz im Geiste des griechischen Philosophen Aristoteles darzustellen, der der Ansicht war: „Das Ganze ist mehr, als die Summe seiner Teile.“ (um 350 v. Chr.). Von Anbeginn an verfolgen die Autoren die Entwicklung der Rosen, betrachten die Rosenmanie im Alten Rom, nehmen die Spur auf von Jahrhundert zu Jahrhundert, berichten von Rosenliebhaberinnen und dichtenden Rosenzüchtern, malenden Rosenverehrern und lassen stets die Protagonistin in all ihren Erscheinungen auftreten. Sie verschweigen jedoch nicht, wie widersprüchlich oder verwirrend Namen und Zuordnungen sind, die sich zumindest teilweise durch moderne wissenschaftliche Methoden auflösen lassen. In insgesamt neun Kapiteln, die zudem reichlich praktische Hinweise zur Kultivierung von Rosen im eigenen Garten beinhalten, enthüllt das Autoren-Duo Blatt für Blatt das, was das Faszinierende an der Rose ausmacht. In Stein gehauen, in Holz geschnitzt, auf Leinwand gemalt und in Keramik gebrannt, in feine Stoffe gestickt und in Liedern besungen, verzaubern Rosen uns ja letztlich bis zum heuten Tage. Wenn die Minnesänger die Schönheit der Geliebten mit einer Rose verglichen, werden sie eine rotfarbige Blüte vor Augen gesehen haben. Ob Königin, Magd, Ritter oder Knecht, Bauer oder Bettelmann – sie werden sie alle auf irgendeine Weise gesehen haben, vielleicht ließ ihr feiner würziger Duft die Betrachter für Momente die Mühsal des Lebens vergessen.
In überzeugender, anschaulicher Weise gelingt es beiden Autoren die Rosen-Leidenschaft, die sie zweifellos selbst erfasst hat, zu vermitteln. Zumal dieses Buch in opulenter, geradezu zauberhafter Art Rosen auf Gemälden, Zeichnungen, Fotografien in Szene setzt und die Augen verführerisch schweifen lässt. Ein wahrhaft rosiges Vergnügen ist es, dass die beiden Autoren ihr Wissen teilen und damit der „Königin der Blumen“ ein Denkmal setzen, das die Kulturgeschichte der Menschheit verkörpert. Wie heißt es so treffend: „Wenn es Rosen sind, werden sie blühen“ – was hier in wunderbar lesbarer Form gelungen ist. Schwelgen Sie auf 256 Seiten!
Peter E. Kukielski, Charles Phillips
Rosen
Die Geschichte der Rose
übersetzt von Anke Wagner-Wolff
256 Seiten
ISBN 978-3-8369-2187-9
Gerstenberg Verlag