Die Gärtnerin frohlockt, wenn sie täglich durch ihren Garten spaziert. Die zauberhaften Alten Rosen blühen. So kurz ihre Blüte auch ist, so üppig, überschwänglich, duftend und reizend und zauberhaft ist die Pracht der Blüte. Jetzt muss man sie genießen, kurz und schön wie die Liebe und das Leben. So schneidet sie ein paar Rosen ab und vereint im Strauß die Blüten jener Rosen miteinander: Rosa gallica Officinalis, Rosa gallica Charles de Mills, Rosa centifolia Ombrée Parfaite, Rosa sempervirens Félicité et Perpétue und Rosa damascena Ispahan , liebevoll umfasst von den Blüten des Frauenmantels.
Dass die Alten Rosen heute immer noch in privaten und öffentlichen Gärten wachsen und gedeihen ist nicht zuletzt einigen außergewöhnlichen, ja faszinierenden Frauen aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zu verdanken.
Alte Rosen waren um 1900 völlig aus der Mode gekommen. Längst waren viele Menschen von den modernen, öfter blühenden Züchtungen in leuchtenden Farben begeistert. Die Rose ›La France‹ beispielsweise, die als erste Teehybride angesehen wird und das Zeitalter moderner Rosen einleitet, erschien 1867 auf dem europäischen Markt und war bei der Kundschaft bald überaus beliebt. Der Schriftsteller Thomas Mann erwähnt sie in seinem Roman Buddenbrooks (1901) ganz wie nebenbei, als er seinen Protagonisten, den jungen, in eine Blumenverkäuferin verliebten Kaufmannssohn Thomas, in der Abschiedsszene sagen lässt: »Geben Sie mir … ein paar Rosen, bitte … Ja, gleichgültig. La
France …«
Die Gärtnerinnen Gertrude Jekyll, Vita Sackville-West, Constance Spry und Norah Lindsay hatten großen Anteil daran, dass wir heute noch zahlreiche Alte Rosen bewundern können. Sie haben sie aufgestöbert, gepflegt, verbreitet und geliebt. Gertrude Jekyll liebe besonders die alten Wildrosen und warf ihre langen Triebe in Nadelbäume. Vita Sackville-West besuchte die alternde garden-lady 1917 in Mustead Wood und war augenblicklich von deren Rosen überwältigt. Sie begann sie zunächst in Long Barn und später in Sissinghurst verschwenderisch großzügig zu pflanzen. »Jeder, der dem Zauber Alter Rosen einmal verfallen ist, wird keine neuen in sein Herz schließen können.« So meinte Vita Sackville-West und glaubte, wie im Umgang mit Freunden lerne man, »ihre Fehler zu übersehen und ihre Tugenden zu schätzen.«
Die fantasievolle floristische Künstlerin Constance Spry war von dem Rosengarten Vita Sackville-Wests in Sissinghurst äußerst angetan. Doch erst als sie die Rosen von Norah Lindsay im Garten von Sutton Courtenay, heute Oxfordshire, sah, war sie so begeistert, dass sie selbst begann, alte Sorten zu sammeln.
»Das ist für mich das, was ein Rosengarten sein sollte«, schwärmte sie, »die Apotheose der Rose.«
Norah Lindsay, die ihre Rosen »ihre Kinder des Junis« nannte, mag die ideenreichste Gartengestalterin der Zwischenkriegszeit gewesen sein und galt vielen Zeitgenossen als die anerkannte Nachfolgerin Gertrude Jekylls.
Wie wunderbar, dass Frauen wie diese, sich beim Anblick Alter Rosen an Märchen und Sagen, kostbare Abbildungen und Stickereien oder in Holz geschnitzte und in Stein gemeißelte Rosen erinnert haben. So können auch wir heute den Zauber der Rosen würdigen.