Noch ist die Zeit der Rosen, so sagt der Dichter. Hinzuzufügen ließe sich momentan, sie hat gerade erst begonnen. Allen Wetterkapriolen zum Trotz blühen Alte Rosen, nachdem die Akeleien ihren großen Auftritt hatten. Die schlanken Schönen, die in vielerlei Farben vagabundierend durch den Garten ziehen, verneigen sich ehrfürchtig vor der grazienhaften Eleganz jener Rosen, die schon seit so langer Zeit verehrt, besungen und verschenkt werden.
Eine jener Alten Rosen, die es wohl schon seit dem Mittelalter zu bestaunen gibt, ist die Rosa Alba Maiden’s Blush, so zumindest einer der Namen, denen Menschen ihr gaben. Andere Namen sind etwa “Belle Fille”, “Incarnata”, “La Séduisante”, “La Virginale” – Namen die von einer schönen Tochter, errötend, einer Fleischfarbenen, Jungfräulichen oder einer Verführerischen künden. Weitaus erotischer klingt gar das französische Synonym “Cuisse de Nymphe émue”, das die Britin Vita Sackville-West nicht zu nennen wagte, und darauf verwies, dass Cyrano de Bergerac es zu schätzen gewusst hätte.
Es war und ist eben nicht so einfach, diese Pracht cremeweißer und zugleich rosafarben überhauchter Blüten zu beschreiben. Dazu verströmen die schalenförmigen Blüten einen starken und sehr angenehmen Duft, der an sonnigen Tagen, vor allem am Vormittag, schon in der Nähe des Rosenstrauches zu erleben ist. Zudem neigen sich die Blütenköpfchen zauberhaft zu allen Seiten. Bedanken sie sich zuvorkommend für den ihnen gebührenden Applaus? Die alternde Blüte wird heller und heller, ist zuletzt ein wenig zerzaust, was ihren Abgang um so dramatischer erscheinen lässt. Natürlich wirken die Standortverhältnisse und die Intensität des Sonnenscheins auf ihre Erscheinung. Da ihre zarten Triebe wenig bestachelt sind, ist man leicht verführt, einen Zweig mit einer duftenden Blüte abzuschneiden, um sich im Haus auch an Duft und Schönheit, zumindest für wenige Tage, zu erfreuen.
So zart und verzaubernd diese Rose sich in Szene zu setzten vermag, so robust und langlebig ist sie. Sie zählt als eine der ältesten Alba Rosen zu jener Rosengruppe, die mit den legendären weißen Rosen auf zahlreichen mittelalterlichen Gemälden, die die Jungfrau Maria zeigen, zu finden ist. Aber auch im Märchen hat sie in der sanften und klugen Figur des Schneeweißchens die Erinnerung an die Wahrnehmung dieser sommerblühenden Schönheit bewahrt.
Maiden`s Blush hat zudem noch eine große Schwester, die sich wie alle Alba Rosen durch graugrünes Laub sowie eine schöne, noch etwas mehr in die Höhe reckende Gestalt auszeichnet und den Namen Rosa Alba Great Maiden`s Blush trägt. Wann und wie es zur Entstehung der Alba Rosen kam, ist genauso unbekannt wie bei ihrer alten Gefährtin, der Rosa Gallica, der “roten Rose”. Um die Züchtung der Alba Rosen haben sich im 19. Jahrhundert viele Rosengärtner bemüht. Leider haben nur recht wenige Züchtungen die lang anhaltende Vernachlässigung der Alten Rosen überlebt. Nachdem durch Kreuzungen mit öfterblühenden und farbig weit vielfältiger erscheinenden Rosen aus dem Fernen Osten ganz neue Rosensorten auf dem Markt und in die Gärten kamen, interessierten sich zum Ausgang des 19. Jahrhunderts nur mehr wenige Menschen für die Pracht der einstigen Kostbarkeiten.
Ein Star unter den bis heute erhaltenen (und zu erwerbenden Rosen) Alba Rosen, deren Blütenblätter am stärksten rosa gefärbt sind, und deren Züchtung im frühen 19. Jahrhundert umstritten war und einen Rechtsstreit nach sich zog, ist unbestritten die Rosa Alba Königin von Dänemark. Der Schotte George Booth, der sie in seiner Flottbecker Rosengärtnerei gezüchtet hatte, widmete sie der damaligen dänischen Königin, die eine ausgewiesene Liebhaberin von Rosen und Pflanzen vielerlei Art war.