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Buchtipp: Ferdinand Hodler. Was die Blumen sagen

Cover für Ferdinand Hodler

„Was die Blumen sagen“ – ist der Titel eines Buches von Diana Blome, die sich in tiefgründiger Weise mit dem Werk des Schweizer Malers Ferdinand Hodler (1853–1918) beschäftigt hat, wobei der Titel den Namen eines Gemäldes von 1893 trägt. Zu sehen ist auf diesem Gemälde Hodlers eine weibliche Figur mit gesenktem Blick. Sie steht vor einen Strauch aus dem sich auf langen Stängeln blaue Blütenknospen in die Höhe recken. Blickt sie die Blüten an? Was sagen ihr die Blumen? Zumal sich der Maler einige Jahre später (1908) in einem Text sehr deutlich dazu äußert, dass ein Bild wie eine Blume aussehen solle, „vor der man sich nicht langweilen kann, die immer gefällt.“

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Diana Blume ist dem Maler gefolgt und hat die floralen Motive seiner Werke betrachtet, verglichen und gedeutet. Wobei wir heute lebende Menschen uns auf einmal mitten in einer aktuellen Diskussion zu den Fragen, wie Mensch und Natur zusammenleben können, befinden. Wo sehen wir Blumen? Auf Tischen, in Blumenkästen, in Gärten oder auf Abbildungen? Was sagen uns eigentlich die Blumen? Oder sind sie stumm und zur reinen Dekoration geworden?

Hodler hat seine eigene, künstlerische Sprache für diese Suche nach dem Lebendigen gefunden. Beeinflusst von der Gedankenwelt des Symbolismus begann der Maler sich immer intensiver mit der Natur zu beschäftigen. Durch die Naturdarstellungen auf seinen Werken erfahren die Betrachtenden die natürlichen Zyklen des Lebens von der Geburt bis zum Tod, wobei das Florale Ausdruck und Vermittlung des Natürlichen mit symbolischem Wert ist.

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Als Grundlange ihrer Untersuchung dienten der Autorin das umfangreiche Werkkorpus Hodlers, das mehrere tausend Ideenskizzen, Zeichnungen, Kompositionsstudien und etwa zweitausend Gemälde umfasst. Hinzu kommen die Aufzeichnungen des Malers, die sowohl theoretische Gedanken wie Briefe, Dokumente und Fotografen beinhalten. Um die künstlerische Sprache zu interpretieren und herauszufinden, „was die Blumen sagen“, gliedert die Autorin ihre Arbeit in folgende Kapitel: Grundlagen der floralen Semantik; Theorie und Praxis; Parallelismus des Floralen; Vom Attribut zum Ornament; Die organische Linie sowie Die Blume als Motiv der Farbe.

Aus der Perspektive der kulturwissenschaftlichen Forschung, die den Begriff der Floriografie verwendet, öffnet sich ein breiter Deutungshorizont, der nicht allein Hodlers große Begeisterung für Blumen dokumentiert, sondern seine schöpferische Verwendung des Floralen mit den vielfältigen Formen und Bedeutungen aufzeigt, die am Beginn einer neuen Bildsprache stand, die den Künstler zu einem der bedeutendsten Vertreter der klassischen Moderne werden ließ. Die Autorin folgt den Anknüpfungspunkten in Hodlers prozesshafter Verarbeitung und Umsetzung von Ideen im Gefüge von Klassizismus, Romantik, Symbolismus, Jugendstil und Moderne sowie im internationalen Austausch.

Hiermit liegt eine beeindruckende Forschungsarbeit der Autorin vor, die Hodlers Werk vor dem Hintergrund der Zeit einordnet und das Florale als strukturierendes Element in den Kompositionen des Malers identifiziert. Vor dem Hintergrund von Industrialisierung und Urbanisierung sowie dem fühlbaren Verlust naturnaher Lebenswirklichkeiten entwickelt Hodler eine eigene künstlerische Sprache, die die Sehnsucht nach dem Einklang des Menschen mit der Natur in Farbe und Komposition umsetzt. Es ist umso spannender anhand Hodlers Arbeiten die Herausforderung der Moderne zu erfassen. So wie die Moderne das Leben der Menschen in allen Facetten verwandelte, prägte sie auch den Umgang mit der Natur, mit Pflanzen, Bäumen, Gärten in einer Weise, die für uns Heutige als Selbstverständlichkeit wahrgenommen wird. Aber das war es nicht. Es war ein Weg, ein Prozess der Wahrnehmung und im Falle Hodlers eine Anverwandlung, die nicht immer auf den ersten Blick sichtbar ist, zumindest nicht für jeden von uns. Diana Blome liefert eine auf umfangreicher Recherche basierende Darstellung, die für Interessierte gut verständlich und überaus lehrreich ist.

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Die „langage des fleurs“ lässt sich in seinen Gemälden ebenso wie in zahlreichen Skizzen finden, die Hodlers detaillierte Naturstudien dokumentieren, zugleich Studienobjekte, wie getrocknete Blumen und Blätter, enthalten, die Vorlagen für Linien, Kreise, Schwünge lieferten. Hodlers florale Motive sind keine Dekoration, sie sind Teil seiner Komposition, die das Leben des Menschen als allumfassend in der Natur darstellen. Diese detailreiche und quellenkritisch tiefgründige Arbeit von Diana Blome wird durch eine farbige Illustrierung durch Abbildungen der Gemälde und Skizzen, Fotografien und Grafiken bereichert und vervollständigt. Gleichsam wie am grünen Faden begleiten die in Grün gesetzten Überschriften durch das Buch und verweisen stilisierte grünfarbene Blumenornamente auf die Fußnoten.

Diana Blome
FERDINAND HODLER
Was die Blumen sagen
448 Seiten, 250 Abbildungen in Farbe
Halbleinen, Prägung, Lesebändchen
ISBN: 978-3-7774-3653-1
Verlag HIRMER

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