„Verrückt nach Angelika Kauffmann!“ – So hieß es einst und ein Blick auf die rund 100 Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen Angelika Kauffmanns, die im Kunstpalast Düsseldorf zusammengetragen wurden, bestätigt das zweifellos. Angelika Kauffmann (1741–1807), der berühmtesten Künstlerin im Zeitalter der Aufklärung und Empfindsamkeit, widmet der Kunstpalast eine große Überblicksausstellung unter dem Titel „Kauffmann. Künstlerin, Powerfrau, Influencerin“. Die Ausstellung wurde in Kooperation mit der Royal Academy of Arts, London, organisiert, und soll im Anschluss dort zu sehen sein.
Inzwischen war der Kunstpalast Düsseldorf wie viele andere Museen geschlossen, doch nun dürfen Besucher*innen den Kunstwerken wieder leibhaftig gegenüberstehen. Zugleich lädt der parallel zur Ausstellung im Hirmer Verlag erschienene Band „Verrückt nach Angelika Kauffmann“ zu einer Begegnung mit der „vielleicht kultivierteste[n] Frau in Europa“ ein, wie Johann Gottfried Herder sie nannte. Diese erste Künstlerin von europäischem Rang war ein Phänomen, wurde international anerkannt, war gebildet und bestens vernetzt, absolvierte sie eine bespiellose Karriere, als „schöne Seele“ verband sie eine Freundschaft mit Goethe, zahllose Zeitgenoss*innen waren von ihr bezaubert, sie malte Königinnen und Kaiser, führte Ateliers in London und Rom, war Geschäftsfrau und verfügte über ein außergewöhnliches Talent als Künstlerin und Frau, das bis heute beeindruckt, ja regelrecht fasziniert.
Dabei strebte die 24-jährige Angelika Kauffmann, als sie in London ein eigenes Atelier eröffnete, in erster Linie die Anerkennung als Historienmalerin an. Die Bildnismalerei sah sie eher als ihren Broterwerb an, um ihre künstlerischen Ideen verfolgen zu können. Schnell entdeckte sie die Marktlücke, widmete sich nicht nur der antiken, sondern ebenso der englischen Geschichtsschreibung und erlangte somit einen wichtigen Anteil an der Erneuerung der Geschichtsmalerei ihrer Zeit. Zugleich entwickelte sie sich zu einer der gefragtesten Porträtmalerinnen ihrer Epoche, sodass bis heute in Schlössern und Palästen ihre Werke – manchmal ganz unerwartet – den Betrachter*innen vor Augen stehen.
Worin liegt die Faszination dieser Künstlerin und Frau, die über Jahrhunderte hinweg so fesseln kann? Wie ist der Mythos Kauffmann zu erklären? Indem die Autor*innen des Bandes sich der Persönlichkeit der Künstlerin in ihrer Zeit auf detaillierte und tiefgründige Weise nähern, ihre Werke analysieren und im Vergleich mit anderen Künstler*innen kritisch einordnen, gelingt es ihnen, das Porträt dieser Meisterin des Bildnisses zu zeichnen. Chronologisch wie thematisch nähern sich die Fachleute Angelika Kauffmann, wobei diese Annäherung komplex ist und Konzentration erfordert. Aber gerade das befördert den Erkenntnisgewinn und schärft den Blick auf die in exzellenter Präzession abgebildeten Gemälde. Basierend auf den neuesten Forschungen beleuchten die Interpretationen der Kunsthistoriker*innen den schöpferischen Prozess und kreativen Reichtum diese Künstlerin, der sich etwa in ihren Selbstinszenierungen, ihren schönen Jünglingen oder den neuen Heldinnen erfassen lässt.
Der umfassende Katalog gibt tiefgehende Einblicke in Kauffmanns Schaffen und die Mannigfaltigkeit ihres schöpferischen Genies. Wahrhaft „Verrückt nach Angelika Kauffmann“ werden Leser*innen und Betrachter*innen bei der Lektüre und dem Genuss der Abbildungen, die Lust machen auf eine persönliche Begegnung mit den Werken Angelika Kauffmanns!
Verrückt nach Angelika Kauffmann
Hg. Bettina Baumgärtel
Beiträge von B. Baumgärtel, I. M. Holubec, J. Myssok, H. Valentine
208 Seiten, 144 Abbildungen in Farbe
Hirmer Verlag München
ISBN: 978-3-7774-3459-9