Die Römer schätzten frisches Obst auf der Tafel so sehr, dass sie sich bei Pomona, einer Früchtegöttin, voller Freude bedankten. Sich mit der Kulturgeschichte des Obstes zu beschäftigen, verspricht süß-saftige bis hin zu sauer-herben Erkenntnissen. Zumal die Zähmung der Früchte voller glücklicher Momente des Gelingens und des Genusses war, aber ebenso dramatische Berichte von Verlusten und Verschwinden offenbart.
Bernd Brunner präsentiert mit „Von der Kunst, die Früchte zu zähmen. Eine Kulturgeschichte des Obstgartens“ eine informative und zugleich gut verständliche Darstellung der Höhepunkte und Niederlagen einer Kulturpraxis, die bis heute fasziniert.
Das Wissen des Autors fußt auf fundierten Recherchen und einer besonderen Leidenschaft, die durch einen französischen Text geweckt wurde. So ging Bernd Brunner, der Wirtschaft, Amerikanistik und Kulturwissenschaft in Berlin und Seattle studiert hatte, und bisher zahlreiche erzählerische Sachbücher zu kulturhistorischen Themen veröffentlicht hatte, auf Spurensuche in literarischen wie realen Obstgärten.
Wie Äpfel, Kirschen, Birnen, Pflaumen und all die anderen Früchte durch Selektion und Veredlung, durch tierische und menschliche Genießer „gezähmt wurden“ liest sich beinahe wie eine Abenteuergeschichte. Ohne dass man deren Anfang genau benennen könnte, geht die Kultivierung über Jahrtausende hinweg, führt kreuz und quer über Kontinente und verbindet unzählige Generationen von Menschen miteinander. Wir lesen von chinesischen Bauern und persischen Händlern, griechischen Dichtern und römischen Genießern, mittelalterlichen Nonnen und Mönchen, Fürsten mit Okuliermessern und Obstgeist ansetzenden Fürstinnen, französischen, gartenverliebten Königen bis hin zu Flughunden mit Fruchthunger.
Nimmt man angesichts dieser Fülle von Hintergrundwissen nun einen Apfel in die Hand, mag er wie ein kunstvolles Objekt schöpferischer Leistungen und natürlicher Lebensfreude erscheinen. Bernd Brunner ist mit diesem Buch ein wahrhaft verführerisches Werk gelungen, welches von einer Kunst berichtet, die uns täglich mit den Anfängen der Zeit verbindet. Noch dazu ist dieser Band zauberhaft illustriert, wobei aus der Fülle grafischer Möglichkeiten geschöpft wurde, die in der Tat dem Gegenstand der Darstellung farbenfroh und vielseitig entsprechen.
Wer gerne einmal einen Apfel oder eine Birne isst oder etwa Kirschen oder Marillen anbaut, wird von diesem Buch begeistert sein. Die Lektüre weckt unzweifelhaft die Neugier sich näher mit all jenen Früchten tragenden Bäumen, Sträuchern und Büschen zu beschäftigten, denn sie sind ein Kulturerbe unserer Welt und vermitteln auf schmackhafte Weise, wie allein durch gemeinsames Wirken die Schätze unserer Welt entstanden sind.
Bernd Brunner
Von der Kunst, die Früchte zu zähmen
Eine Kulturgeschichte des Obstgartens
288 Seiten mit 100 farbigen Abbildungen
ISBN 978-3-95728-566-9