Ob diese Rose einst in der Toskana erblühte oder besser die Vorfahren der Rosa Gallica Tuscany Superb, mag dahingestellt bleiben. Ohne Zweifel ist sie eine der dunkelsten Rosen aus der Rosen Gruppe der Rosa Gallica, den „roten Rosen“. Wobei sie augenscheinlich dokumentiert, dass die Alten Rosen, die in Europa heimisch wurden, bevor die Schönheiten aus dem Fernen Osten ihren Weg in die Gärtnereien und Glashäuser fanden, kein klares Rot, etwa ein Kirschrot präsentieren. Sie haben immer einen gewissen Blaustich, der sich bis ins Purpurfarbene, ja bis ins Violette steigern kann.
Diese Rose besitzt ein tiefes, dunkles Rot, das bei manchem Licht fast schwarz erscheint. Dabei ist die Rosa Gallica Tuscany Superb etwas gefüllter als ihre ältere Schwester, die Rosa Tuscany, was letztlich heißt, sie verfügt über eine größere Anzahl von Blütenblättern, die die gelbleuchtenden Staubgefäße im Inneren der Blüte recht gut verdecken. Nachdem sich die kugeligen Knospen geöffnet haben, ermöglicht die schalenförmige Gestalt der Blüte nichtdestotrotz einen zarten Einblick in das gut behütete Innere, was ein gutes Indiz dafür ist, um die Schönheiten voneinander unterscheiden zu können. Die Rosa Gallica Tuscany wird von nicht wenigen Verehrern für die „Sammet-Rose“ angesehen, von der bereits im Mittelalter berichtet wird. Ob sie es ist, bleibt ebenso im Dunkeln wie die Farbigkeit ihrer Blütenblätter vorführt. Dass sie in England als „Old Velvet Rose“ oder „Old Tuscan“ benannt wird, lässt noch etwas von diesem rätselhaft Romantischen anklingen, mit dem das Vergangene gerne verklärt wird. Die legendäre Schönheit der Alten Rose, die insbesondere in England einen so guten Ruf genossen hat, mag Thomas Rivers in den späten 1830er Jahren inspiriert haben, den Sämling mit so „superber“ Farbigkeit in der Namenstradition der lang verehrten Schönen einzuführen.
Der liebevolle, der detaillierte Blick zieht einen mitten hinein in die samtige Oberfläche der Blüten. Fast fragt mag sich verwirrt, sind es Rosenblätter oder ist es in der Tat eine aus Samt geschneiderte Rose, denn so täuschend echt, so verführerisch weich erwidert die Schöne den Blick. Dabei ist sie gar nicht so unnahbar und wehrt sich kaum. Tragen die Triebe der Tuscany Superb doch nur wenige kleine Stacheln, die kaum fühlbar sind, wenn die Hand einen blütenreichen Trieb abzwicken möchte. So gelingt es leicht, ein paar Zweige für die Vase zu schneiden. Schließlich blüht der, mit für Gallicas charakteristisch dunkelgrünem Laub geschmückte Strauch üppig im frühen Sommer, aber natürlich nur einmal im Jahr. Die Blüten können einzeln oder in Gesellschaft am Zweig erscheinen und ergeben rasch einen anmutigen Strauß, den Begleiter wie blühender Frauenmantel und ein Reif Stabilität verleihender Bergenienblätter zum perfekten Schmuck formen.
Da die Gallicas gerne wandern, so sie auf eigener Wurzel stehen, fällt es nicht schwer, für die eine oder andere Gartenecke einen Ableger zu ziehen. Ganz im Gegenteil hält es die Schöne kaum an einem Platz, so die Gärtnerin nicht zur rechten Zeit mit der Gartenschere ordnend eingreift, um die sorgfältig arrangierte Eleganz im Rosenbeet zu wahren.
Vita Sackville-West, die berühmte britische Gärtnerin und Schriftstellerin, schwelgte bereits in ihrem ersten großen Garten auf dem Anwesen von Long Barn in einem prachtvollen »Gewirr von Rosen und Geißblatt, Feigen und Reben« und kombinierte Rosen in ihrer Üppigkeit mit anderen Pflanzen, oft ineinander übergehend. Zu ihren Lebzeiten blühten etwa zweihundert verschiedene Rosen in Sissinghurst, dem bis heute berühmten und viel besuchten Garten in Kent. Zu ihren Lieblingssorten gehörten neben Gallicas und Albas, auch Damaszenerrosen, Zentifolien, Bourbon- und Noisetterosen. So war sie »betrunken von Rosen«, wie sie immer wieder betonte. Jene dunkelrote Rose hatte es ihr besonders angetan: »Samtrose. Was für eine Wortverbindung!«, schreibt sie begeistert. »Es lehrt einen etwas, lange und intensiv in eine Rosenblüte zu blicken, besonders in eine wie die ›Tuscany‹, die sich flach öffnet und dabei das erbebende und staubige Gold ihrer zentralen Vollkommenheit enthüllt.« Wer vermag die Vollkommenheit dieser Kostbarkeit treffender beschreiben.